Unser Kollege Steven hat dem Portal Jobinnovator ein Interview zu unserer Arbeitskultur gegeben. Lest hier einen Ausschnitt, der euch Einblicke in unsere Unternehmensphilosophie und Organisationsstruktur gibt:
Vielleicht kannst Du mal kurz umreißen, was Ihr hier macht?
Wir sind ein Team von Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen, die alle am Thema Grundeinkommen interessiert sind. Mit dem Projekt Mein Grundeinkommen versuchen wir, die bislang meist intellektuell geführte Debatte zum Thema Grundeinkommen mit dem Aspekt direkter Erfahrbarkeit zu bereichern. (…) Dazu sammeln wir von allen Menschen, die Lust haben, uns zu unterstützen, Geld ein und verlosen dann Jahres-Grundeinkommen. Und dann schauen wir, was passiert. (…) In den letzten zwei Jahren ist die Zustimmungsrate für das Grundeinkommen bereits um zehn Prozent gestiegen. Dazu haben wir maßgeblich beigetragen. Außerdem hat sich der Inhalt der Debatte verlagert: von der Finanzierbarkeit hin zu individuellen Möglichkeiten, die eine Grundeinkommens-Gesellschaft ausmachen.
Was sind Eure aktuellen Herausforderungen?
Wir sind im letzten Dreiviertel Jahr von drei auf achtzehn Mitarbeitende gewachsen und müssen jetzt an den entsprechenden Strukturen arbeiten. Zum Beispiel neue Abstimmungsprozesse gestalten, damit wir von unserem Wachstum bestmöglich profitieren und uns nicht nur mit der Verwaltung beschäftigen. Das ist dann auch ein Schritt in Richtung Professionalisierung. Wir wollen aber nicht zu einer Grundeinkommens-Behörde werden, sondern mit einem starken und agilen Team wirksame Kampagnen kreieren und so die Grundeinkommensdebatte fördern. Wir arbeiten im Moment auch am Relaunch unserer Plattform.
Ihr macht Euch viele Gedanken um Freiräume. Gibt es schon ein Konzept, wie Ihr diese Freiräume auch in Eurer eigenen Unternehmensphilosophie umsetzen wollt?
Eine Kollegin hat unsere Vision in der Organisationsentwicklung neulich sehr treffend zusammengefasst: „Wir möchten die größtmögliche Synergie zwischen Freude und Wirksamkeit erreichen“. Wir haben eine Organisationskultur, bei der Konflikte direkt angesprochen werden. Alle drei bis vier Wochen haben wir einen Teamtag, den wir dafür nutzen, zu diskutieren, was wir strategisch die nächsten Wochen machen wollen, oder um eine Rückschau zu machen, was gemeinsam erreicht wurde. Wir implementieren Holokratie. Und bei den Gehältern folgen wir einem Bedarfsprinzip.
Auch diese Verteilung führt doch bestimmt schnell zu Konflikten, weil Bedarf verhandelbar ist, oder?
Solche Konflikte müssen wir dann austragen. Es sollte sich niemand rechtfertigen müssen, aber alle müssen transparent machen, wie der Bedarf sich zusammensetzt. Vor allem, wenn er stark davon abweicht, was andere Menschen für sich beanspruchen. Da wir nicht profitorientiert arbeiten, ist dabei eine gewisse Genügsamkeit selbstverständlich.(…) Es ist toll, zu sehen, dass wir zusammenarbeiten können, ohne Gehaltsdiskussionen über eine Art Konkurrenzsituation austragen zu müssen und man Gehaltsunterschiede aushalten kann, so lange man weiß, wie diese zustande kommen. Wir wollen die Gesellschaft gestalten. Und dazu gehört auch, Dinge auszuprobieren und neu zu verhandeln.
Was für Pläne habt ihr noch in der Schublade?
Sanktionsfrei ist ein Schwesterprojekt, das gerade in der Genese ist. Ziel ist es, das Hartz-IV-System in eine sanktionsfreie Mindestsicherung umzugestalten. Das Crowdfunding dazu ist bereits abgeschlossen. Da können wir zum Beispiel Erfahrungen aus Mein Grundeinkommen mit einfließen lassen.
Dann gibt es noch VotesApp. Das ist eine Demokratie-App, wo es darum geht, die Fragen, die im Parlament abgestimmt werden, direkt in der Gesellschaft zu stellen und dann zu schauen, wie sich die Bürger*innen dazu verhalten.
Unsere Projekte sollen dabei helfen, zu gestalten, ohne Angstgefühle zu schüren oder ideologisch zu sein. Mein Grundeinkommen will das erreichen, indem es eine Grundsicherung bietet. Sanktionsfrei indem es Machtverhältnisse zwischen Jobcenter und Antragsteller in Frage stellt, um Augenhöhe zu schaffen. Wir wollen immer wieder zeigen, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der die finanzielle Potenz wichtig ist für Verhandlungen auf Augenhöhe, ein Großteil der Gesellschaft über diese Potenz jedoch nicht verfügt.