Es ist etwa acht Wochen her, dass wir Marcel zum ersten Mal getroffen haben. Es war am Abend nach der Verlosung des 6. und 7. Grundeinkommens. Marcel war mit einem Freund aus München bei der #dclass-Konferenz und Micha und Johannes waren zufällig in der selben Kneipe gelandet. Aus zwei Tischen wurde bald einer, die Gesprächspartner*innen wechselten, irgendwann saßen wir neben Marcel, und Marcel erzählte uns von einer Idee, die uns sofort begeisterte. In den folgenden Wochen telefonierten und skypten wir mit Marcel. Seine Idee wurde immer konkreter. Hier ist das Ergebnis:
Lieber Marcel,
Vielen, vielen Dank!
Das, was du vorschlägst, klingt großartig. Dein mutiger Move zeigt uns wieder einmal ganz deutlich: mein-grundeinkommen.de hat zwei Seiten: Es gibt die Menschen, die an den Verlosungen teilnehmen und ein Jahr Grundeinkommen gewinnen können. Und es gibt die Menschen, die das durch ihre – kleinen und großen – Spenden ermöglichen.
Seit es mein-grundeinkommen.de gibt, haben 19.236 Menschen Geld gespendet. Deine Idee, dein Video und das Geschenk, das du uns machst (du würdest es eher eine „Investition in Change“ nennen), spornen uns an, nicht nur die Geschichten der Gewinnenden zu erzählen, sondern auch die Geschichten der Menschen, die mein-grundeinkommen mit ihren Spenden möglich machen.
Wir haben länger mit dir und im Team diskutiert, wie wir das Geld am sinnvollsten einsetzen. Eine Möglichkeit wäre, das Geld direkt in den Lostopf zu geben und jeden Monat damit ein bisschen schneller zur nächsten Grundeinkommensverlosung zu kommen, weil an jedem ersten 1.000 Euro zusätzlich eingehen. Eine andere Möglichkeit wäre, das Geld für die Personalkosten zu verwenden, die wir seit kurzem haben, und mit denen wir das Projekt in die nächste Stufe heben wollen.
Dann jedoch dachten wir, dass wir mit dieser ganz besonderen Zuwendung auch etwas ganz besonderes machen sollten. Etwas, bei dem wir über eine längere Zeit eine Geschichte erzählen können.
In den vergangenen Monaten wurden wir immer wieder gefragt, ob wir Praktikumsplätze haben. Bisher haben uns dafür aber die finanziellen Mittel gefehlt. An der Ausbeutung der Berufseinsteiger_innen durch un- oder schlecht bezahlte Praktika wollen wir uns nicht beteiligen. Andererseits haben wir noch viele neue Projektideen, die wir in den nächsten Monaten umsetzen könnten, wofür wir wiederum dringend eine weitere Person im Team gebrauchen könnten.
So kamen wir auf die Idee, das Geld für ein „bedingungsloses Praktikum“ zu verwenden. Wir fänden es spannend, das Geld direkt einer Person zu geben, die damit machen kann, was sie will. Sie kann unser Projekt bereichern, wenn sie das möchte, muss es aber nicht. Sie kann auch den ganzen Tag im Görlitzer Park liegen. Oder in der Welt herumreisen. „Maybe with us, maybe without us“, wie du es genannt hast. Bedingungslos eben.
Wir könnten damit an einem Beispiel zeigen, wie Freiheit unser Arbeitsleben verändert. Ob dann die große Faulheit einsetzt. Ob dann die Kreativität erst richtig fließt. Oder was sonst so alles mit Menschen passiert, die zwar sozial in ein Team eingebunden sind, aber nur noch können und nicht mehr müssen.
Das ist das eine. Außerdem sehen wir in deiner Zuwendung eine besondere Chance: die Chance, die direkte Verbindung von zwei Menschen zu beleuchten: Da ist ein Mensch, der etwas bekommt und einer, der etwas gibt. Wir finden daher, das Geld sollte – so lange du es uns zuwenden möchtest – nicht im Lostopf und nicht im Personaltopf verschwinden, sondern an eine einzelne Person gehen, deren Geschichte wir erzählen können.
Eigentlich sind es dann zwei Geschichten, die wir erzählen können: die über dich, und eine über die Person, die das Geld erhält. Uns interessiert nämlich auch, was deine Zuwendung mit dir selbst macht, wenn sie eine Weile läuft. Schön wäre es, wenn ihr zum Beispiel darüber bloggt. Und schön wäre es auch, wenn deine Aktion andere Menschen dazu inspiriert, das selbe zu tun, und selbst für einen gewissen Zeitraum ein ganzes oder ein halbes Grundeinkommen zu spenden. Ihr müsst euch dazu nur bei uns melden!
In unserem letzten E-Mail-Wechsel hast du uns geschrieben, dass dir die Idee mit dem bedingungslosen Praktikum gefällt und wir das so machen sollen. Du darfst also am 29. April die erste Überweisung starten, und wir sehen uns nach einem Menschen für ein „bedingungsloses Praktikum“ um.
Und dir verleihen wir währenddessen schon mal das Crowdhörnchen mit der goldenen Nuss.
Was meint ihr zu Marcels Aktion? Gefällt euch die Idee? Glaubt ihr, die Verwendung als „bedingungsloses Praktikum“ ist die beste? Schreibt es uns in den Kommentaren!