Zum Jahresauftakt gibt es einen weiteren Einblick in meine Zeit als Bedingungslose Praktikantin. Auf meine erste Erzählung habt ihr euch zahlreich gemeldet. Ich war wirklich überrascht, mit welcher großen Neugierde ihr dem Praktikumsexperiment begegnet und wie wohlwollend ihr derlei Abenteuern entgegentretet. Vielen Dank für eure Rückmeldungen!
Praktikum im Erfahrungsrausch
Ein Abenteuer ist das Praktikum wahrlich. Es ist nicht nur ein berufliches Austesten, sondern hinterlässt auch in meinem gesamten Leben tiefe Spuren. Ich hätte nicht erwartet, dass das Praktikum in relativ kurzer Zeit persönliche Veränderungen hervorbringt. Damit ihr einige dieser Spuren auch lesen könnt, hier mal zwei Beispiele:
Das Praktikum bindet mich zunächst an keine Vorgaben. Dadurch ist es mir möglich, mich damit auseinanderzusetzen, was ich wirklich möchte. Diese Bedürfnisartikulation zeigt sich auch in meinem sonstigen Leben: Ich sage jetzt viel häufiger, wo ich gerade stehe und was ich noch brauche.
Außerdem lerne ich, mich Herausforderungen zu stellen und nicht einfach aus Fehlerfurcht den Kopf in den Sand zu stecken. Im Praktikum wird mir das Vertrauen entgegengebracht, Aufgaben direkt zu übernehmen, ohne es erst die “alten Hasen” machen zu lassen. Das verlangt gleichzeitig Verantwortung von mir, der ich mich stelle. Das macht mich insgesamt mutiger.
Ihr merkt es vielleicht schon: Das Praktikum hat einen Effekt über die Bürogrenzen hinaus. Diese Veränderung ist nicht nur für mich spürbar, sondern offenbar für andere sichtbar, denn anscheinend hat sich etwas an meiner Körperhaltung getan. “Bist du irgendwie größer geworden?” und “Du stehst ganz anders da, selbstsicherer.” waren Kommentare, die ich bei meinem Weihnachtsbesuch zu Hause hörte!
Unbegrenzte Möglichkeiten
Am Anfang habe ich mich noch in die Offenheit der freien Aufgabenwahl geworfen! Da waren unter anderem die Verlosungen, die Auswertung der Blitzumfrage, die Erst-Kontakte mit glücklichen Grundeinkommensgewinner*innen, die Teilnahme an unserer 100er-Konferenz und auch gemeinsame Team-Workshops dabei.
Auch die freie Arbeitszeitengestaltung habe ich voll ausgekostet: Ich war mal mit den Ersten im Büro und dann, wenn die meisten schon wieder gegangen waren. An einigen Tagen habe ich von zu Hause aus gearbeitet, manchmal komprimiert am Stück und dann wieder in Häppchen aufgeteilt.
Ich fand es sehr spannend, das alles mitzunehmen und auszuprobieren, um so auch meinen Bedürfnissen auf die Schliche zu kommen. Allerdings habe ich auch schnell die Übersicht verloren und fühlte mich durch die Fülle etwas überfordert und gehemmt.
Freie Begrenzung
Nach diesem Freiflug habe ich mich für eine selbst gewählte Einschränkung entschieden, um wieder festen Boden unter meinen (nun bewusst gesetzten) Füßen zu gewinnen. Ich habe für mich passende Arbeitszeiten gewählt und mich auf einen Arbeitsbereich fokussiert. Damit möchte ich wieder mehr Verlässlichkeit und Erwartbarkeit herstellen, um mich in dem offenen Feld der Möglichkeiten sicherer bewegen zu können. Gleichzeitig heißt das aber nicht, dass ich die Bedingungslosigkeit aufgegeben habe! Nach wie vor versuche ich, mit offenem Blick zu schauen und reflektiere weiterhin meine Bedürfnisse und die eigens gesteckten Ziele.
Was meint ihr, wieviel haben meine Praktikumserfahrungen mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen zu tun? Ob sie wohl ein Vorschein darauf sind, wie es sich mit Bedingungslosem Grundeinkommen lebt? Die Freiheit, die zunächst anstrengend ist? Der Mut, zu lernen? Die eigenen Bedürfnisse besser kennenzulernen und zu artikulieren?
Neu auf der Landkarte: Die Grundeinkommens-Großstadt
Seit Anfang Dezember konzentriere ich mich nun auf einen neuen Arbeitsbereich: den Support. Meine Aufgabe ist es, eure Mails mit Fragen, Meinungen und Ideen zu beantworten. In Marcellas wunderbarem Blogpost könnt ihr lesen, was es mit dem Support auf sich hat.
In gewisser Weise habt ihr mich dahin gebracht. Eure hier anfangs erwähnten Meldungen auf den ersten Praktikumsbericht haben mich so begeistert, dass ich noch mehr von euch mitbekommen möchte.
Auf unserer Admin-Seite kann ich sehen, dass alle User*innen zusammengenommen gerade eine Anzahl von über 700.000 Menschen ausmachen. Das ist wie… wie… eine ganze Grundeinkommens-Großstadt. Und ich habe Lust, mich bei den Bewohner*innen dieser großartigen Großstadt mal umzusehen! Ich danke euch jetzt schon für jede Anmerkung und gestellte Frage, sie machen das Grundeinkommens-Gefüge so pulsierend!
Ich wünsche euch einen schönen Jahresbeginn und werde bald wieder berichten – bis bald!
Eure Malina