Das Bedingungslose Grundeinkommen
Erkenntnisse aus zehn Jahren Praxistest in Deutschland

Was ist das Bedingungslose Grundeinkommen?

Die Idee des Grundeinkommens ist, dass alle Menschen eines Landes von Geburt an lebenslang jeden Monat vom Staat so viel Geld erhalten, wie sie zum Leben benötigen. Einfach so, als Grundrecht. Ohne, dass sie dafür etwas tun müssen. Ohne, dass es ihnen gestrichen werden kann.
Eben bedingungslos.


Viele Menschen, die nicht unterschiedlicher sein könnten - und trotzdem teilen sie das gleiche Bedürfnis nach Sicherheit
Klingt verrückt und unrealistisch?
Dann solltest du weiterlesen!

Das kann doch nicht funktionieren! Oder?

Die Idee des Grundeinkommens stößt auf viele Bedenken und Vorurteile. Hier sind die neun häufigsten:

Mit Grundeinkommen geht niemand mehr arbeiten. Oder?

Gehen wir nur arbeiten, um Geld zu verdienen? Und heißt das, dass wir nicht mehr arbeiten gehen, wenn wir das Geld auch so erhalten?

Fragt man Menschen, ob sie selbst mit einem Grundeinkommen weiterarbeiten würden, antworten 90% mit einem klaren Ja. Fragt man dieselben Menschen, ob sie glauben, dass die Anderen mit einem Grundeinkommen weiterarbeiten würden, antworten 60% mit Nein. Die meisten von uns machen ihren Job offenbar nicht nur des Geldes wegen – gestehen Anderen diese Motivation aber nicht zu.

Aktuelle Forschung zeigt, dass sowohl zu geringe als auch zu hohe Entlohnung der Arbeitsmotivation schaden können. Ist die Entlohnung angemessen, tritt sie als Motivationsanreiz hinter andere Faktoren zurück: Anerkennung, persönliches Wachstum oder soziale Kontakte. Arbeit formt unsere Identität und strukturiert unseren Alltag.

Aber was ist mit den vielen „Schmarotzer*innen“, die es sich schon heute auf Kosten anderer in der sozialen Hängematte bequem machen? Der "faule Arbeitslose" wird als Massenphänomen dargestellt – ist es aber nicht: Im Jahr 2021 gingen etwa 900.000 Hartz IV-Bezieher*innen arbeiten, erhielten aber nicht genug Lohn, um ohne die Grundsicherung auszukommen.

Die Erzählung vom "faulen Arbeitslosen" ist gefährlich: Sie erklärt die ökonomische Situation zum Versagen der oder des Einzelnen. Das schürt die Angst vor Arbeitslosigkeit und erhöht so die Akzeptanz von Lohndumping.

Mit Grundeinkommen bleiben die schlechten Jobs liegen. Oder?

Wir leben in einer hoch arbeitsteiligen Gesellschaft. Niemand kann sich komplett allein versorgen, wir sind aufeinander angewiesen. Deshalb ist die Sorge nachvollziehbar, dass in einer Gesellschaft mit Grundeinkommen niemand mehr die Jobs erledigen möchte, die zwar wichtig, aber unbeliebt sind.

Warum sind manche Jobs unbeliebter als andere? Weil sie belastender oder gefährlicher sind als andere – oder doch eher, weil sie gemessen am Grad der Belastung oder Gefahr zu schlecht entlohnt werden?

Wenn das Grundeinkommen die Freiheit der oder des Einzelnen stärkt, schlecht entlohnte Arbeit abzulehnen, dann müsste diese Arbeit zweifellos durch eine angemessene Entlohnung attraktiver werden, damit sie weiterhin erledigt wird. Wäre das nicht eigentlich ein Schritt hin zu mehr Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt?

Das Grundeinkommen ist nicht finanzierbar. Oder?

Die Rechnung scheint einfach: Wenn 84 Millionen Menschen in Deutschland ein Grundeinkommen von 1.200 Euro im Monat erhalten, kostet uns das etwas über eine Billion Euro im Jahr. Das ist das Zweifache des Bundeshaushalts. Das Grundeinkommen ist also nicht finanzierbar, oder? Stimmt nicht, denn diese häufig aufgestellte Rechnung basiert auf falschen Annahmen.

Das Wichtigste zuerst: Das eine Grundeinkommenskonzept gibt es nicht, sondern dutzende Finanzierungsmodelle. Sie alle haben eins gemeinsam: Am Monatsanfang bekommt jeder Mensch einen festen Betrag aufs Konto – trägt aber gleichzeitig nach seinen Möglichkeiten durch Steuern zur Finanzierung dieses Betrages bei. Die Differenz aus Grundeinkommen und Steuerlast entscheidet, ob jemand in einer Gesellschaft mit Grundeinkommen unterm Strich mehr oder weniger Geld in der Tasche hat.

Grundeinkommen ist kein zusätzliches, sondern grundsätzliches Geld – und funktioniert nur über einen Steuerausgleich:

83% der Menschen hätten mit einem über solch einen Ausgleich finanzierten Grundeinkommen mehr Geld als heute. Das reicht bis in die gehobene Mittelschicht hinein, nämlich bis zu einem individuellen Nettoeinkommen von 3.350 Euro monatlich.

Die meisten Menschen haben übrigens heute schon eine Art Grundeinkommen: So beträgt Bürgergeld plus Krankenkassenbeitrag und Mietkostenübernahme auch etwa 1.000 Euro. Es ist aber nicht bedingungslos, sondern sorgt für Demotivation, Existenzangst und Misstrauen.

Besserverdienende erhalten ebenfalls bereits eine Art Grundeinkommen in Form des Einkommenssteuerfreibetrages, also dem unteren Teil des Einkommens, der nicht versteuert werden muss.

Das Grundeinkommen ist im Wesentlichen eine Steuerreform, die diesen Freibetrag durch die Ausschüttung desselben Geldes am Monatsanfang ersetzt. Gleichzeitig findet ein Ausgleich statt, bei dem sehr große Einkommen und Vermögen etwas mehr zum Wohl der Gesellschaft beitragen.

Der größte Teil des zur Finanzierung eines Grundeinkommens nötigen Geldes ist also bereits da. Der fehlende Anteil lässt sich auf verschiedene Arten finanzieren, zum Beispiel über eine Finanztransaktions- oder eine CO2-Steuer, eine Konsum- oder eine Kapitalertragssteuer. Für welchen Steuermix man sich entscheidet, ist eine politische Frage. Aber klar ist: Viele Wege führen zum Grundeinkommen.

Ein über Steuerausgleich finanziertes Bedingungsloses Grundeinkommen bietet uns als Gesellschaft daher gleichzeitig die Möglichkeit, den drängendsten Herausforderungen unserer Zeit ganz gezielt zu begegnen: Gesellschaftliche Spaltung, Armut und Klimawandel.

Mit Grundeinkommen steigen Preise und Inflation. Oder?

Wenn alle Menschen zusätzliches Geld erhalten, führt das doch unweigerlich zu steigender Inflation und höheren Preisen. Oder nicht?

Die Vorstellung, dass für das Grundeinkommen zusätzliches Geld in unserem Finanzsystem nötig wird, ist schlicht falsch. Die gesamte Geldmenge bleibt gleich, sie wird lediglich innerhalb des Systems anders verteilt. Deswegen gibt es auch keine steigende Inflation.

Preisverschiebungen hingegen könnte es mit Grundeinkommen tatsächlich geben: Von Menschen hergestellte Waren etwa könnten im Vergleich zu maschinell produzierten im Preis steigen. Vor allem solche Waren und Dienstleistungen, an deren Produktion Menschen nur noch gegen angemessene Entlohnung beteiligt sein möchten, könnten teurer werden.

Man kann das als eine „Normalisierung der Preise“ für Waren und Dienstleistungen sehen. Warum verdienen Altenpfleger*innen, Kindergärtner*innen oder Lehrer*innen heute so viel weniger als Banker*innen? In einer Gesellschaft mit Grundeinkommen hätten alle Arbeitnehmer*innen eine gerechte Verhandlungsbasis auf einem Arbeitsmarkt, auf dem sich Angebot und Nachfrage auf Augenhöhe gegenüberstehen.

Das Grundeinkommen ist ungerecht, weil es auch die Reichsten bekommen. Oder?

Auf den ersten Blick ist der Gedanke, dass auch die Menschen Grundeinkommen erhalten, die es nun wirklich „nicht nötig haben“, schwer auszuhalten. So schwer, dass er oft zu der absurden Aussage verleitet: „Bevor die Reichen Grundeinkommen erhalten, will ich es auch nicht und bleibe lieber arm!“

Das ist ein Fehlschluss, denn Menschen mit hohem Einkommen oder Vermögen erhalten das Grundeinkommen nur scheinbar: Es wird ihnen zwar genau wie allen anderen am Monatsanfang aufs Konto überwiesen. In einer gerechten Grundeinkommens-Gesellschaft gäbe es aber gleichzeitig höhere Steuersätze, die vor allem von Menschen mit hohen Einkommen getragen würden. Unterm Strich zahlen diese Menschen dann mehr Steuern als sie Grundeinkommen erhalten.

Warum muss man dann das Grundeinkommen überhaupt erst allen auszahlen? Ganz einfach, aus Prinzip! Nur wenn alle das Grundeinkommen erhalten, löst es sich vom Konzept Sozialleistung für Bedürftige. Denn Bedürftigkeit muss man nachweisen, sie ist die Grundlage für paternalistisches Handeln, Stigmatisierung, Diskriminierung und letztlich die Spaltung der Gesellschaft.

Das ist die eigentliche Stärke der Grundeinkommensidee: Indem wir alle Menschen bis zur Schwelle der ersten 1.200 Euro gleich behandeln, stärken wir ihre Freiheit zur Eigenverantwortung – weil niemand mehr das Gefühl haben muss, am Tropf der anderen zu hängen. Könnte es sogar das Ende aller Neiddebatten sein, wenn wir plötzlich alle im selben Boot sitzen?

Mit Grundeinkommen werden die bestraft, die arbeiten gehen. Oder?

Wenn alle Grundeinkommen erhalten, sind dann die Berufstätigen die Dummen, weil sie ihre Zeit und Energie opfern – aber am Ende dasselbe haben wie alle anderen?

Mit Grundeinkommen haben zwar alle Menschen am Monatsanfang denselben Sockelbetrag zur Verfügung, egal ob sie arbeiten oder nicht. Aber wer arbeitet, verdient so viel zu diesem Sockelbetrag dazu, wie sie oder er kann oder möchte. Gerade die Verfechter*innen des Prinzips „Leistung muss sich wieder lohnen“ haben also keinen Grund, das Grundeinkommen zu fürchten.

Im Gegenteil: Heute werden diejenigen, die arbeiten möchten, unter Umständen bestraft. So dürfen Bezieher*innen von Bürgergeld nur Hinzuverdienste bis zu 100 Euro voll behalten. Wer mehr hinzuverdient, muss zwischen 70% und 90% seines Erwerbseinkommens mit dem Bürgergeld verrechnen. Der finanzielle Arbeitsanreiz fällt so heute fast vollständig weg.

Das Grundeinkommen ist das Ende des Sozialstaates. Oder?

Ersetzt das Grundeinkommen die Vielzahl der Sozialleistungen wie Elterngeld, Kindergeld, Wohngeld oder Bafög? Wäre es nicht ungerecht, diese hart erkämpften Leistungen unseres Sozialstaats einfach so abzuschaffen?

Diese Sorge begegnet uns immer wieder, sie ist es Wert, ernst genommen zu werden: Tatsächlich stellen sich ein paar wenige Grundeinkommensmodelle die Auflösung des Sozialstaats vor, anstatt das vorhandene Geld durch höhere Steuersätze gerechter zu verteilen. In diesen Modellen würden alle Risiken des Lebens nicht länger von der Gemeinschaft aufgefangen werden, sondern zum Problem jeder*s Einzelnen erklärt.

Solche Denkansätze missbrauchen die Idee des Grundeinkommens. Ein Sozialstaat, der sich um individuelle Förderung kümmert, wird immer notwendig bleiben. Das Grundeinkommen soll ihn nicht ersetzen, sondern einfacher, zugänglicher und effektiver machen.

Wenn das Einkommensproblem gelöst ist, kann der Sozialstaat seinen eigentlichen Aufgaben besser nachgehen: Vertrauen schaffen, ermutigen, weiterbilden, qualitativ hochwertig pflegen und betreuen und Schutz bieten.

Das Grundeinkommen soll doch nur „die Abgehängten“ ruhigstellen. Oder?

Ist das Grundeinkommen eine Art Schweigegeld für die Menschen, die auf dem digitalen Arbeitsmarkt der Zukunft nicht mehr gebraucht werden?

Praxistests zeigen immer wieder, dass das Grundeinkommen die Existenz- und Abstiegsangst verringern kann – bei Menschen mit geringen Einkommen ebenso wie in der sogenannten Mittelschicht. In angstfreien Gesellschaften finden Ausgrenzung, Verschwörungstheorien, Hass und Gewalt gegen Andere weniger Nährboden.

Wenn „Ruhigstellen“ also als eine Maßnahme gegen Wut und Unzufriedenheit gemeint ist, dann ist das Grundeinkommen tatsächlich eine Art Ruhigstellungspauschale.

Weniger Wut und Unzufriedenheit bedeutet aber nicht „Ruhigstellung“ im Sinne von Entpolitisierung oder gar einem Rückzug ins Private. Im Gegenteil: Der Vertrauensvorschuss des Grundeinkommens könnte helfen, allen Menschen ein Gefühl der Eigenverantwortung, des Vertrauens in ihre Fähigkeiten und ihre aktive Rolle in der Gesellschaft zurückzugeben.

Das Grundeinkommen führt direkt in die Ego-Gesellschaft. Oder?

„Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht.“ Dieser Satz provoziert ungemein. Ist es nicht kontraproduktiv, der oder dem Einzelnen mehr Geld und damit mehr Freiheit zu geben – ausgerechnet in Zeiten, in denen der gesellschaftliche Zusammenhalt ohnehin schwächelt?

Im Gegenteil: In Praxistests nutzen Menschen das Mehr an Freiheit durch das Grundeinkommen dazu, wieder besser zu sich selbst zu sein: Sie schlafen besser, leben gesünder, sind körperlich aktiver und insgesamt zufriedener. Es ist diese individuelle Zufriedenheit, die zu mehr Gemeinschaft führt – weil sie frei gewählt und aus Lust heraus geboren ist.

Mit Grundeinkommen geht niemand mehr arbeiten. Oder?

Gehen wir nur arbeiten, um Geld zu verdienen? Und heißt das, dass wir nicht mehr arbeiten gehen, wenn wir das Geld auch so erhalten?

Fragt man Menschen, ob sie selbst mit einem Grundeinkommen weiterarbeiten würden, antworten 90% mit einem klaren Ja. Fragt man dieselben Menschen, ob sie glauben, dass die Anderen mit einem Grundeinkommen weiterarbeiten würden, antworten 60% mit Nein. Die meisten von uns machen ihren Job offenbar nicht nur des Geldes wegen – gestehen Anderen diese Motivation aber nicht zu.

Aktuelle Forschung zeigt, dass sowohl zu geringe als auch zu hohe Entlohnung der Arbeitsmotivation schaden können. Ist die Entlohnung angemessen, tritt sie als Motivationsanreiz hinter andere Faktoren zurück: Anerkennung, persönliches Wachstum oder soziale Kontakte. Arbeit formt unsere Identität und strukturiert unseren Alltag.

Aber was ist mit den vielen „Schmarotzer*innen“, die es sich schon heute auf Kosten anderer in der sozialen Hängematte bequem machen? Der "faule Arbeitslose" wird als Massenphänomen dargestellt – ist es aber nicht: Im Jahr 2021 gingen etwa 900.000 Hartz IV-Bezieher*innen arbeiten, erhielten aber nicht genug Lohn, um ohne die Grundsicherung auszukommen.

Die Erzählung vom "faulen Arbeitslosen" ist gefährlich: Sie erklärt die ökonomische Situation zum Versagen der oder des Einzelnen. Das schürt die Angst vor Arbeitslosigkeit und erhöht so die Akzeptanz von Lohndumping.

Wir wollten wissen, was an diesen Bedenken dran ist.

Deshalb probieren wir das Grundeinkommen aus!

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Was macht das Grundeinkommen mit den Menschen, die es gewinnen? Seit 2014 sammeln wir Antworten auf diese Frage.

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