Wir leben in der Zeit der Populist*innen, sie gewinnen überall an Macht. Aber wie würde das aussehen, wenn es keine Armut mehr gäbe? Hätten Donald Trump, Friedrich Merz und Co. dann überhaupt noch eine Chance? Und ist das vielleicht unsere Chance?
Ich würde diese Kolumne eigentlich lieber nicht schreiben. Ich habe keine Lust, mich mit diesen Männern zu beschäftigen: Donald Trump ist bald der Präsident der USA, Friedrich Merz vielleicht bald deutscher Bundeskanzler, in Österreich droht eine rechte Regierung. Aber: Wenn wir nicht darüber schreiben, wenn wir nicht darüber sprechen, ist das auch keine Lösung. Und, Spoiler: Ich habe auch eine Idee gegen diese Männer.
Aber der Reihe nach: In politischen Debatten geht es oft um "unseren Wohlstand". Darum, ihn zu erhalten. Darüber können Menschen, die von Armut betroffen sind, nur lachen. Wenn sie überhaupt noch lachen können. Die, die darüber sprechen, den Wohlstand zu erhalten, meinen nämlich vor allem ihren eigenen.
Foto: Fabian Melber
Wer spricht hier?
Mareice Kaiser ist Bestseller-Autorin und Journalistin. Als Arbeiterkind ohne Studium ist sie die Ausnahme in einem Beruf, in dem die allermeisten einen Uni-Abschluss haben. Mareice kämpft für eine Gesellschaft, in der wir nicht auf Glück angewiesen sind, um ein gutes, würdevolles Leben zu führen. Ihr aktuelles Buch "Wie viel" erzählt entlang acht persönlicher Porträts, wie Geld unser Leben bestimmt – und wie ungerecht es verteilt ist.
Der sogenannte Wohlstand wird auch immer wieder thematisiert, weil viele Menschen Angst vor sozialem Abstieg haben. Mit sozialem Abstieg ist übrigens nicht gemeint, dass Friedrich Merz zum Beispiel über "kleine Paschas" spricht. Wobei genau das aus meiner Perspektive eigentlich ein sozialer Abstieg ist.
Gemeint ist hier aber der sozio-ökonomische Abstieg. Im Klartext: immer weniger Geld zur Verfügung zu haben. Vielleicht kennen das einige Leser*innen auch.
Und genau diese Debatte hat viel mit Populisten wie Donald Trump oder Friedrich Merz zu tun. Denn beide spielen mit den Ängsten vor Armut. Mit Abstiegsängsten. Mit der Sorge, nächsten Monat nicht mehr die Miete zahlen zu können. Mit der Sorge, die Schulausstattung für das Kind nicht bezahlen zu können. Mit der Sorge, dass das Geld in der letzten Woche des Monats nicht mehr für die Lebensmittel reicht.
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Wir alle kennen die Erzählung: "Du musst dich nur doll genug anstrengen und hart genug arbeiten, dann klappt das mit dem Wohlstand und vielleicht sogar mit dem Aufstieg." Das erzählen wir uns auch in Deutschland. Vom Tellerwäscher zum Millionär, die Geschichte kommt ja aus den USA.
Trump und Merz waren beide keine Tellerwäscher. Sie waren (und sind) erfolgreiche Geschäftsmänner – und sie werden auch deshalb gewählt. Beide haben wenig bis keine politische Erfahrung, aber Erfahrung damit, Geld zu machen, viel Geld.
In den Wahlkämpfen dieser reichen Männer (Vermögen Trump: 2,3 Milliarden US-Dollar, Vermögen Merz: 12 Millionen Euro) geht es immer um Geld. Was erstmal nicht verwerflich ist, denn im Kapitalismus – und in dem leben wir leider – bedeutet Geld zu haben, ein gutes Leben zu haben. Verwerflich aber ist, wie sie mit dem Thema umgehen und was ihre Schlussfolgerungen daraus sind, dass nicht alle genug Geld zum Leben haben. Und hier kommt der Populismus ins Spiel.
Mehr über Fake News und Populismus in der Politik:
Ist Friedrich Merz der deutsche Trump? Aline Abboud beantwortet diese Frage für das Funk-Format "Die da oben". Video anschauen
Weidel, Söder, Merz – alles Populist*innen? Daniel Bröckerhoff macht im NDR-Medienmagazin "Zapp" Unterschiede. Video anschauen
Populismus, das bedeutet: Auf eine komplexe Fragestellung eine einfache Antwort zu haben, die aber nicht das eigentliche Problem löst. Populist*innen vereinfachen also komplexe Probleme. Bezogen auf Deutschland bedeutet das zum Beispiel: Die Abstiegsängste von vielen Menschen für rassistische Aussagen und Vorschläge zu nutzen. Statt: Armut abzuschaffen. Denn Populismus lebt von der Angst der Wähler*innen.
Wenn wir uns nun aber vorstellen, wir würden in einer Welt ohne Armut leben – in einer Welt, in der wir keine Angst davor haben müssten, dass wir unsere Miete nicht mehr zahlen können, wenn wir gekündigt werden. Eine Welt, in der alle Menschen anständig bezahlt würden. Ob Trump oder Merz und Co. in dieser Welt eine Chance hätten?
Ich glaube nicht. Es müssten dann keine rassistischen, klassistischen oder anti-feministischen Verteilungskämpfe mehr geführt werden, weil alle genug hätten für ein gutes Leben. Deshalb ist der Kampf gegen Armut auch ein Kampf gegen Faschismus und Populismus. Und am Ende wäre das Beste: Wir müssten nicht mehr über diese Männer sprechen.
Was glaubst du? Kann ein Ende der Armut populistischen Erzählungen den Boden entziehen? Und ist Merz eigentlich der deutsche Trump – oder greift dieser Vergleich zu kurz? Schreib uns deine Gedanken in die Kommentare!
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