Zwischen Zweifel und Zustimmung: Das haltet ihr von der Vermögensteuer

Selten hat ein Gerechtigkeitsthema für so viel Diskussion gesorgt wie dieses: Soll man extremen Reichtum besteuern, um damit ein Grundeinkommen für alle zu bezahlen? Hier ist das spannende Meinungsbild der Crowd zur Vermögensteuer – und ein paar Antworten von uns, die garantiert für noch mehr Diskussion sorgen werden...

Kommentare im Internet zu lesen macht ja nicht immer Spaß. Da geht es uns bei Mein Grundeinkommen nicht anders als den meisten Menschen. "Ich habe die Hoffnung in den Verein verloren!", lesen wir unter einem Artikel aus unserem Themenschwerpunkt zu Vermögen und Grundeinkommen. Unter einem anderen steht: "Eine absolute Frechheit, über so eine Steuer überhaupt nur nachzudenken." Und auch: "Was soll das? Völlig schwachsinniger Vorschlag."

Aber Moment mal, worum geht es überhaupt? Wir haben in den vergangenen Wochen intensiv über absurden Reichtum und hohe Vermögen diskutiert – und warum die Ungleichheit zwischen extrem Reichen und allen anderen der ganzen Gesellschaft schadet. 

Wir wissen: Das muss nicht so bleiben. Die größten Vermögen könnten sogar zum Schlüssel für die Finanzierung eines Bedingungslosen Grundeinkommens für alle werden. Das wäre sogar recht simpel: Mit einer Vermögensteuer nach unserem Finanzierungsmodell hätten 88 Prozent aller Menschen in Deutschland mehr Geld als heute.

Grundeinkommen aus Vermögenssteuer? Das geht!

In unserem Rechner kannst du selbst der Staat sein, der ein Grundeinkommen für alle einführt. Ein Weg dahin führt über die Vermögenssteuer. Probiere es einfach mal aus!

Trotz dieser freudigen Botschaft ging es in unseren Kommentarspalten heiß her. Die drei Beispiele oben sind nur einige von mehreren hundert Reaktionen. Höchste Zeit für uns, Stellung zu beziehen! Also haben wir Doro und Micha aus unserem Team in unserer Büroküche ein Tablet in die Hand gedrückt und vor eine Kamera gesetzt. Was sagen die beiden zu ein paar der härtesten Kommentare? Im Video siehst du ihre ungefilterten Reaktionen.

Ich hatte Hoffnung auf den Verein, doch nun geht die Tendenz immer mehr zu dem, was Linke immer tun: Wohltaten verteilen mit dem Geld anderer Leute. Wenn jemand überhaupt kein Vermögen hat, liegt das meist an der Einstellung "von der Hand in den Mund". Ich habe selbst von allerkleinsten Einkommen *immer* etwas gespart.

Im Video siehst du Michas Reaktion, als Doro diesen Kommentar vorliest: "Ufffff." Er stimmt dem Kommentar nicht zu, das wird schnell deutlich. "Es ist eine sehr gegenwärtige Idee, dass die Frage, ob man vermögend ist oder nicht, am Mindset liegt. Das ist aber einfach Quatsch. Die Hälfte aller Vermögen werden vererbt oder verschenkt." 

Fakt ist: Vermögen sind meist die Folge von Erbschaften, Zinsen, hohen Dividenden und Mieteinnahmen – und nicht das Ergebnis harter Arbeit. Verdient im engeren Wortsinn sind sie daher oft nicht.

Die Annahme, dass wir alle alles schaffen können, wenn wir uns nur genug anstrengen, baut auf einem falschen Glaubenssatz auf: Nämlich, dass wir alle dieselben Chancen haben. "Es gibt Millionen von Menschen, die hart ackern und trotzdem kein Vermögen haben. Die machen halt schlecht bezahlte Jobs", sagt Micha.

Neue Steuern für wenige, Grundeinkommen für alle

"Entschuldigung, aber 50% Einkommensteuer für ALLE???? Wer hat sich das denn ausgedacht??? Und wieso Vermögenssteuer ab 1 Mio?"

Ja, da geben wir gerne zu: 50 Prozent Einkommensteuer klingt erst einmal extrem viel. Und Achtung, jetzt wird es paradox: Denn es handelt sich hierbei im Grunde genommen um eine Steuersenkung für die meisten Menschen in Deutschland. Während zwar alle 50 Prozent auf ihr zu versteuerndes Einkommen zahlen, bekommen gleichzeitig auch alle pro Monat 1.200 Euro unversteuert als Grundeinkommen ausgezahlt. Und bei der großen Mehrheit der Menschen in Deutschland ist das Grundeinkommen eben höher als die neue Steuerlast.

Auch die Frage aus diesem Kommentar nach der Fälligkeit der Vermögensteuer ab  1 Million Euro auf der hohen Kante ist gerechtfertigt: "Die Vermögensteuer ist in ihrer Erhebung eine teure Steuer. Die Marktwerte von Immobilien und Unternehmen müssen individuell geschätzt werden. Deswegen macht es Sinn dort anzusetzen, wo wenige sehr viel haben – bei den reichsten zwei Prozent. Das meiste Vermögen in Deutschland ist selbstgenutztes Immobilieneigentum, das liegt meist unter dieser Freigrenze und wird nicht besteuert," erklärt Micha.

Wusstest du das? Nur etwas mehr als 2 Prozent der Deutschen besitzen über 1 Million Euro. Wenn wir von einer Vermögensteuer sprechen, dann meinen wir, dass nur Vermögenswerte über 1 Million Euro besteuert werden. Oder anders gesagt: Es bedeutet, nur ein kleines Stück von einer mehrstöckigen Sahnetorte abzugeben.

Das ist das Problem bei der Debatte um die Vermögensteuer: Alle denken, sie müssten sie heute oder in der Zukunft selbst zahlen. Dabei trifft eine Vermögensteuer, wie wir sie vorschlagen, gerade mal jede 50. Person. Sie betrifft mich nicht und höchstwahrscheinlich dich auch nicht – außer, du besitzt eben mehr als  1 Million Euro.

Das kostet ein Vermögen! Auch deins?

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Die Gedanken von Doro und Micha zu den Kommentaren spiegeln die Haltung von Mein Grundeinkommen zu sozialem Ausgleich: Wenn wir ein Bedingungsloses Grundeinkommen für alle wollen, dann müssen wir es finanzieren können – und die Vermögensteuer wäre eine gute, weil gerechte, Möglichkeit dazu. Wenn diejenigen, die sehr viel haben, etwas abgeben, damit es allen gut geht, dann gewinnen wir alle. Oder?  

Die große Mehrheit von euch will es doch auch

Überraschend seht ihr das mehrheitlich auch so! Während unsere Kommentarspalten zeitweise den Eindruck erweckten, die Idee einer Vermögensteuer sei nicht mehrheitsfähig, ergibt sich aus unserer großen Umfrage zum Thema ein ganz anderes Bild.

Im März haben wir euch gefragt, wie ihr über die Besteuerung von Vermögen denkt. Eines der wichtigsten Ergebnisse: 79 Prozent sind uneingeschränkt für eine Wiedereinführung der Vermögensteuer für die Reichsten. Weitere 13 Prozent machen ihre Zustimmung davon abhängig, wen sie betreffen würde. Nur 7 Prozent lehnen die Idee ab.

Das deckt sich übrigens mit den Ergebnissen einer repräsentativen Befragung der Bertelsmann-Stiftung aus dem Jahr 2022: Danach sind 77 Prozent aller Deutschen für die Einführung einer Vermögensteuer. Außerdem sehen 67 Prozent die Notwendigkeit von mehr Umverteilung von Reich nach Arm.

Ab welchem Betrag das Vermögen besteuert werden soll, hat die Bertelsmann-Stiftung nicht abgefragt – wir aber schon: Eure Antworten zu dieser Frage sind durchwachsen. Jede*r viert*e findet, dass die Besteuerung schon ab einem Vermögen von 500.000 Euro greifen sollte. Die Mehrheit folgt mit 33 Prozent unserem Finanzierungsvorschlag und setzt den Freibetrag bei 1 Million Euro an. 

Außerdem hat uns interessiert, wofür ihr die Erlöse aus einer Vermögensteuer ausgeben würdet. Damit das Bedingungslose Grundeinkommen für alle mitzufinanzieren, ist schließlich nur unsere Idee – vielleicht seht ihr das völlig anders. Bei dieser Frage konntet ihr mehrere mögliche Antworten auswählen.

Siehe da, mehr Ausgaben für Bildung habt ihr mehrheitlich ganz oben auf dem Zettel. Aber gleich danach folgt das Bedingungslose Grundeinkommen. Außerdem wollen viele Menschen in unserer Crowd mehr in Gesundheit und Pflege und existenzsichernde Renten investieren. 

Für uns bleibt nach dieser intensiven Diskussion über den Zusammenhang von Vermögen und Grundeinkommen eigentlich nur noch diese Frage offen: Worauf warten wir noch? Offenbar wäre eine Mehrheit  bereit für eine Vermögensteuer – und wir sind es auch.

Was denkst du? Teilst du eher die kritischen Kommentare oder die mehrheitlichen Meinungen aus unserer Umfrage? Schreibe es uns in die Kommentare!