Gewinnerin Daphne
"Das könnte unsere Interpretation von Arbeit und Leben verändern"
Seit Jahren brennt Daphne für die Idee des Grundeinkommens. Dann gewinnt sie selbst eines und kann die Zukunftsvision vom Grundeinkommen in der Praxis testen.
DaphneBrauns Foto
434

Ich habe das 434. Grundeinkommen gewonnen!

Ich erhielt von November 2019 bis Oktober 2020 ein Utopisches Grundeinkommen.

Auf dem Tisch stehen Teller mit sattgelber Kürbissuppe. Daphne legt zur Vollendung herbstlicher Schönheit noch je zwei essbare Kapuzinerblüten obenauf, sie sind so safranfarben wie ihr Strickpulli.

Auch an diesem Wochenende sitzt die Familie wieder zusammen, Satz fällt in Satz,
Gesprächspausen bleiben aus – gerade heute, wenn das Thema Grundeinkommen auf dem Tisch liegt. “Ich habe wieder mit dem Malen begonnen”, erzählt Daphnes Vater, der mit ihr zusammen Ende 2019 Grundeinkommen gewonnen hat. “Mein Grundeinkommen hatte alles in Goldfarben dekoriert, das musste Glück bringen”, erinnert sich die Schwester an die feierliche 50. Verlosung. “Gerade in dieser Zeit ist die Politik gefordert, sich der Idee des Grundeinkommens zu widmen”, wirft die Mutter ein und trinkt einen Schluck Tee.

Nicht nur an diesem Samstag wird übers Grundeinkommen geredet. Mit dem Thema angesteckt hat Daphne ihre Familie schon vor sechs Jahren. Da studierte sie gerade Deutsch-Niederländische Beziehungen im Nachbarland und sah eine Dokumentation des niederländischen Historikers Rutger Bregman. Eine der wichtigsten Erfindungen des 20. Jahrhunderts sei die Waschmaschine gewesen. Die Waschmaschine und viele andere in der Industrialisierung entstandenen Maschinen schenken uns laut Bregman Zeit. Zeit, die wir nicht für Geldverdienen verwenden müssten. Auf Niederländisch heißt Bedingungsloses Grundeinkommen “basisinkomen”. Daphne fängt sofort Feuer.

"Das ist ein Ansatz, der unsere Interpretation von Arbeit und Leben verändern könnte - seit 2014 hab ich mit all meinen Freunden darüber gesprochen"

Dann gewinnt Daphne einige Jahre später Grundeinkommen. Nun können sich individuelle Erfahrungen mit dem Wissen mischen, das sie sich voller Eifer von Philosoph*innen, Wirtschaftstheoretiker*innen und Soziolog*innen zum Grundeinkommen angeeignet hat.

Daphne Computer

Für Daphne ist es eine unwirkliche Vorstellung, dass ihr Grundeinkommen von so vielen einzelnen Menschen gespendet wurde. Die Verbindung fehlt ihr, sie kennt die Crowdhörnchen ja gar nicht. Aber:

"Ich möchte der Crowd auch etwas zurückgeben.”

Daphne verwirklicht diesen Wunsch mit ihrer Abschlussarbeit. Im Sommer beendete sie ihr Studium in Kommunikationsdesign. Sie entwickelt eine Website zum Grundeinkommen, Menschen sollen sich hier leicht informieren können. Sie will damit auch zum Neudenken unserer Gesellschaft einladen.

Auf ihrer Internetseite zum Grundeinkommen räumt Daphne mit Vorurteilen auf. Sie macht vier Glaubenssätze aus, auf die sie in Gesprächen und Texten immer wieder stößt und die dem Grundeinkommen im Wege stehen. Auch die beiden Dozenten, die ihre Abschlussarbeit betreuen, waren zunächst keine Befürworter.

"Die zwei Professoren waren schon abgeneigt, vor allem, weil sie vieles nicht kannten. Durch die Arbeit öffneten sie sich jedoch für die Thematik.”

Am häufigsten begegnet ihr die Annahme, dass doch keiner mehr arbeiten gehen würde, wenn es ein Grundeinkommen gäbe.
Entgegen diesem Vorurteil bleibt Daphne trotz Gewinn bei ihrem Nebenjob in einem Design-Einrichtungshaus. Erst im Zuge ihrer Bachelorarbeit gibt sie den Job auf und ist froh, sich ihren eigenen Projekten widmen zu können. Sie ist der Meinung, dass in jedem Menschen Ideen schlummern, die auf einer Basis der finanziellen Sicherheit zu sinnstiftender Tätigkeit führen können.

Daphne Otteshöhe

Für Daphne ist Design:

"Nicht einfach irgendetwas schön machen, sondern sinnvolle Projekte und Inhalte gestalten, die es auch wert sind, gestaltet zu werden.”

Zu diesen Dingen zählt für Daphne, dass sie für eine vegane Eismanufaktur von Freunden das Label entwirft. Und wenn sie schonmal dabei ist, kann sie das gleich unter ihrer eigenen Marke machen: Kurzerhand gründet Daphne ihr eigenes Design-Büro. Sie nennt es “Studio Nachhall” und macht sich zur Zielsetzung, nur Aufträge für nachhaltige Projekte anzunehmen.

Ein ehemaliger Studiumskollege äußert seine Skepsis, man müsse sich doch immer dem Markt beugen. Auch das Beispiel einer Freundin scheint dies zu belegen: Als Veganerin bekam sie in ihrem Agenturjob die Aufgabe, Verpackungen für Fleischprodukte zu kreieren.

Laut Daphne hat der Designberuf ein Imageproblem – das Klischee, dass Design
ausschließlich kommerziellen Zwecken diene, scheint weit verbreitet zu sein. Designer*innen sollten sich dabei der Macht von Gestaltung bewusst sein und mit dieser Kraft vorausschauend und gewissenhaft umgehen. Grundeinkommen böte die Chance, sich die Frage zu stellen: Was will ich? Welche moralischen Weichen möchte ich stellen?

Auch Daphne stellt sich mit ihrem Grundeinkommen nochmal die Frage: Was mache ich gerade in meinem Leben und bin ich auf der richtigen Route? Bis vor kurzem deutete Daphnes Wegweiser noch nach Amsterdam. Aber das fühlte sich dann gar nicht mehr so gut an, es tut sich eine viel passendere Möglichkeit auf. Bald wird sie auf einem Hof mit Freunden leben können, eine Solidarische Landwirtschaft aufziehen und ein Tiny House bauen.

Daphne Nahaufnahme Tomatensamen

Außerdem könnte Daphne in der Großstadt nicht ihrer Tomaten-Leidenschaft nachgehen. Wenn sie von ihren Tomaten erzählt, blüht sie auf. Gerade ist ein Päckchen mit 72 kleinen Samenbeutelchen angekommen. Jede der historischen Sorten bringt ihre eigene Besonderheit mit sich. Die Russische Reisetomate lässt sich in verschiedene Segmente brechen und eignet sich gut als Proviant, der Alte Kommunist schmeckt besonders würzig und das Innere vom Grünen Zebra leuchtet smaragdgrün.

Ihre Familie lässt Daphne natürlich auch an ihrer Tomatenpracht teilhaben. Sorgfältig drapiert liegen sie auf dem Tisch, neben dem angeschnittenen Laib Vollkornbrot und dem Obstteller. Dieser Samstag nimmt noch lange kein Ende, das Tischgespräch geht in die Nacht über.

Text: Malina Günzel | Fotos: Jade Braun

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