Läuft doch eigentlich alles super, oder? Auf den ersten Blick wirkt es vielleicht so, wenn man unseren Jahresbericht liest. Warum wir bei Mein Grundeinkommen mit dem bisher Erreichten trotzdem noch nicht zufrieden sind und jetzt den nächsten großen Schritt gehen wollen, erklärt dir Jeremias.
Es ist Dienstag früh, 9 Uhr. Bei unserer Redaktionskonferenz stellt Kristin den ersten Entwurf des Jahresberichts vor. Die Zahlen sehen toll aus. Und Zahlen lügen nicht, oder?
Die Zahl unserer Unterstützer*innen wächst stetig: 200.000 Crowdhörnchen spenden monatlich und ermöglichen uns damit, jeden Monat 25 Grundeinkommen zu verlosen. Schon über 1.500 Grundeinkommen konnten wir so auszahlen in den vergangenen neun Jahren.
Was diese Zahlen nicht erfassen können, wird klar, als Saskia von den Zuschriften der letzten Woche erzählt. Sie kümmert sich um die Beantwortung der Emails und Kommentare aus unserer Crowd.
Wieder sind einige dabei, die durch Krankheit oder Schicksalschläge in schwierige Situationen geraten sind und sich von Staat und Sozialsystem im Stich gelassen fühlen. Sie wenden sich in ihrer Verzweiflung an uns, ob wir da nicht irgendwie helfen könnten? Seit Jahren nehmen sie an den Verlosungen teil, jetzt bräuchten sie dringend ein Grundeinkommen.
"Weiter so" ist keine Option
Malina, die im Magazin die Geschichten unserer Gewinner*innen erzählt, meldet sich zu Wort und beschreibt, wie es ihr angesichts solcher Nachrichten manchmal schwerfällt, immer wieder von den glücklichen Gewinner*innen zu berichten. Von inspirierenden Einzelfällen, also. Dabei kommen auf jede*n von ihnen so viele andere Menschen, die den Gewinn genauso dringend gebraucht hätten. Manchmal fühlt es sich so an, als sei das, was wir tun, nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Es sind ernüchternde Momente wie diese, die erklären, warum wir trotz der Erfolge der letzten Jahre unzufrieden sind. Warum wir das Gefühl haben, dass wir uns nicht länger mit unseren Verlosungen begnügen können. Doch es sind auch gerade diese Momente, die uns bestärken und ermutigen, den nächsten großen Schritt vorzubereiten.
Der Countdown läuft – der nächste Schritt steht unmittelbar bevor
Und die Vorbereitungen für den nächsten Schritt laufen bereits auf Hochtouren. Meine Kolleg*innen Jannik und Kirsten präsentieren nun den – zum dritten Mal geänderten – Zeitplan. Neuer Termin ist der 29.08. Der Countdown läuft.
Die Stimmung ist konzentriert und angespannt. Wird alles rechtzeitig fertig? Neben einer Mischung aus Hektik, Euphorie und Vorfreude sind auch einige nachdenkliche Fragen zu hören. Wie werden die Menschen in unserer Community auf die Veränderung reagieren? Werden sie sich mit uns auf den Weg machen?
Ich selbst habe erst vor drei Monaten bei Mein Grundeinkommen angefangen. Deshalb fällt es mir leicht, in der nun geplanten Veränderung vor allem die Chance zu sehen. Wenn wir davon überzeugt sind, dass ein Bedingungsloses Grundeinkommen für alle das effektivste Werkzeug ist, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu bewahren, dann haben wir gar keine Wahl.
Unser Thema Das Ende der Ungleichheit stellt die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich in den Vordergrund – und blickt auf verschiedene Möglichkeiten, diese zu überwinden.
In den neun Jahren seit der Gründung haben wir bei Mein Grundeinkommen mehr als vier Millionen Menschen erreicht. Doch immer wieder fühlte es sich für uns so an, als hätte die Welt für jeden Schritt, den wir in diesen Jahren vorwärts gekommen sind, einen noch größeren Schritt zurück gemacht.
Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander. Unsere Gesellschaft wird dadurch anfälliger für Spaltung, gleichzeitig stellen uns Klimawandel und Krieg vor völlig neue Herausforderungen.
Während wir in unserer täglichen Arbeit mit den Gewinner*innen unserer Grundeinkommen an hunderten Einzelfällen zeigen konnten, wie das Grundeinkommen den zwischenmenschlichen Zusammenhalt stärkt, ist der Bedarf nach einer größeren Lösung, einer für alle, immer dringender geworden.
Unsere Gesellschaft kann nicht weitere neun Jahre darauf warten. Wir haben keine Zeit mehr. Selbst wenn wir zehn Millionen Grundeinkommen pro Jahr verlosen könnten, wären das immer noch 70 Millionen zu wenig.
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Durch die Krisen der vergangenen Jahre befeuert sind die Reichen in Deutschland immer reicher geworden. Vermögen konzentriert sich auf immer weniger Menschen. Wenn aber Kapital immer mehr Kapital anzieht, dann braucht es eine starke Kraft, die dem entgegenwirkt. Es braucht einen funktionierenden Ausgleichsmechanismus.
Selbst bei Monopoly gehen alle einmal pro Runde über Los, sonst funktioniert das Spiel einfach nicht. Natürlich ist Monopoly ein schlechtes Beispiel, da der Ausgleich zu gering und die Mieten zu teuer ausfallen. Und deshalb am Ende eine*r alles hat.
Wenn man das Spiel mit Kindern spielt, endet es meistens damit, dass das Brett umgestoßen wird. Das sollte uns eine Warnung sein. Wenn wir es nicht schaffen, einen fairen Ausgleich zu finden, wenn irgendwann eine*r alles hat, dann werden sich die Menschen frustriert vom Staat ab- und den Extremist*innen zuwenden, die den Umsturz wollen. Die bedrohliche Tendenz dahin ist bereits erkennbar.
Wie schaffen wir einen fairen Ausgleich?
Wir brauchen einen Ausgleichsmechanismus, der nicht Gruppen von Bedürftigen gegeneinander ausspielt, und bestimmte Wähler*innengruppen begünstigt, sondern einen einfachen Mechanismus, der für alle gilt.
Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass das bisherige Steuer- und Sozialsystem dieser Aufgabe offensichtlich nicht gewachsen ist. Es ist anfällig für Lobbyismus und Klientelpolitik. Und am Ende profitieren davon finanziell die ohnehin schon Reichen.
Wir glauben, dass das Bedingungslose Grundeinkommen das Potential hat, diesen Ausgleich zu schaffen. Ja, wir wissen, dass dem noch einige Hürden im Weg stehen. Aber wir wissen auch: Viele Tropfen können zu einem rauschenden Fluss werden, der nicht mehr aufzuhalten ist.
Deshalb freuen wir uns schon sehr darauf, dir nächste Woche endlich berichten zu können, was wir als nächstes vorhaben und dich einzuladen, auch die nächste Etappe des Weges mit uns gemeinsam zu gehen!
Willst du unbedingt wissen, was wir als nächstes vorhaben? Du kannst es kaum noch abwarten? Wir platzen auch schon fast vor Aufregung.
Wie siehst du das? Müssen wir das System von Grund auf neu denken? Lies mehr über "Das Ende der Ungleichheit" und schreib uns deine Meinung hier in die Kommentare!
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