“Das Geld ist da. Es ist nur ungleich verteilt”

Almut, Anja, Jennifer und Stephan stellen sich vor, wie eine Welt aussehen würde, in der alle das erleben, was sie in ihrem Grundeinkommensjahr erfahren haben. Können wir alle Gewinner*innen werden? 

Auf unserem Reiseplan stehen vier verschiedene Bundesländer, mit der Bahn reisen wir jeder Himmelsrichtung einmal entgegen. Wir treffen Menschen, die bereit sind, über ihre schweren Schicksale und Höhenflüge gleichsam Auskunft zu geben. 

Wir wollen von ihnen wissen: Wo siehst du Ungleichheiten? Welchen Ausgleich hat dein Grundeinkommen gebracht? Und wie sähe ein Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) für alle aus?

“Mit Grundeinkommen würden wir gesellschaftlich schon woanders stehen”

Almut (32) aus Freiburg in Baden-Württemberg hat das 732. Grundeinkommen gewonnen.

Bei schönstem Wetter besuchen wir Almut in Freiburg, der Sonnenschein passt zu ihrem Gemüt. 

Als sich Almut bei Mein Grundeinkommen anmeldet, trägt sie als Wunsch ein: “Mit Grundeinkommen würde ich eine Tanzcompany aufbauen”. Genau das tut sie, als sie Anfang 2021 Grundeinkommen gewinnt. Sie ruft den OpenRoad-Verein ins Leben, ihr Herzensprojekt. 

Almut arbeitet als selbstständige Tanzpädagogin und Choreographin. Während der Corona-Pandemie wird die Gleichung offensichtlich, die wohl für die meisten Selbstständigen gilt: keine Projekte = kein Geld.

“Die Corona-Pandemie war eine Krise, die uns als Gesellschaft herausgefordert hat und es gibt noch weitere Probleme, die es zu lösen gilt. Mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen für alle hätten wir die Masterminds, die Genies, vielleicht schon gefunden”, vermutet Almut. 

Almut meint, das Geld für ein solches Grundeinkommen sei schon da, nur eben ungleich verteilt: “Es gibt nur ganz wenige Leute, die haben sehr viel, und der Rest hat nichts.”

“Wenn man krank wird, hat man verloren”

Anja (43) aus Lübeck in Schleswig-Holstein hat das 1266. Grundeinkommen gewonnen. 

Als uns Anja in Lübeck empfängt, ist für uns zunächst nicht ersichtlich, womit sie tagtäglich zu kämpfen hat: Durch eine Operation an ihrer Wirbelsäule ist sie zur Schmerzpatientin geworden. Auch kann sie ihren Oberkörper nicht mehr beugen, Anja braucht ständig eine helfende Hand. 

Schon einmal hat Anja erfahren, wie es ist, wenn man aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in unserem gesellschaftlichen Leistungssystem mitziehen kann: Bei ihrem Kind wurde in jungen Jahren Krebs diagnostiziert - es brauchte all ihre Aufmerksamkeit. 

Auch Marc litt seit vielen Jahren unter einer chronischen Erkrankung, bevor er das 13. Grundeinkommen gewann. Im Laufe seines Grundeinkommensjahres verbesserte sich Marcs Gesundheit deutlich.

Mit dem Grundeinkommen bekommt Anja für ein Jahr den festen Boden unter den Füßen zurück, den sie schon oft in ihrem Leben verloren hat.

Trotz ihrer gesundheitlichen Belastung möchte sie unbedingt weiter arbeiten. Auch mit einem lebenslangen Grundeinkommen wäre das so. Anja würde jedem und jeder ein Bedingungsloses Grundeinkommen gönnen, in ihren Augen würde es mehr Gerechtigkeit schaffen.

“Durch ein Grundeinkommen geht man leichter durchs Leben”

Jennifer (38) aus Hohenstein-Ernstthal in Sachsen hat das 1111. Grundeinkommen gewonnen.

Eigentlich, meint Jennifer, hätte sich mit dem Grundeinkommen vom Gefühl her nicht viel geändert. Als wir nachbohren, benennt sie aber eine gewisse Leichtigkeit: Egal was passiert, Geld ist da. 

War früher finanziell immer alles knapp, erfuhr Jennifer mit dem Grundeinkommen, wie es ist, genügend Geld zu haben. Da ihr Grundeinkommen auf ein Jahr begrenzt ist, versucht sie möglichst viel zusammenzuhalten, um für schlechte Zeiten gewappnet zu sein. 

Eine Zeitlang hatte Jennifer keine Arbeit, deshalb weiß sie ganz sicher: Selbst mit der Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens würde sie unbedingt weiter arbeiten wollen, das brauche sie für ihre körperliche und seelische Verfassung. 

Mit einem Grundeinkommen wäre Jennifer dabei in ihrer Jobwahl freier und sie denkt, dass auch andere in einer Gesellschaft mit BGE stärker nach ihren Bedürfnissen eine Beschäftigung wählen könnten.

“Mit Grundeinkommen trifft man die besseren Entscheidungen” 

Stephan (35) aus Stolberg in Nordrhein-Westfalen hat das 466. Grundeinkommen gewonnen.

Wir treffen Stephan bei Bauarbeiten in seinem Haus in Stolberg an. Zwischen freigelegten Balken, Tapetenresten und Bretterstapeln reden wir über den Sozialstaat Deutschland. Wir würden uns von diesem Sozialstaat entfernen, findet Stephan. Er nennt dafür viele Beispiele. 

Was sei beispielsweise mit der Altenpflegerin, die hart arbeite und auf deren Arbeit die Gesellschaft angewiesen sei, die aber nur einen Mindestlohn bekäme? Gerade in der arbeitenden Schicht werde die Ungleichheit immer größer. 

In seinem Jahr mit Grundeinkommen sortiert Stephan sein ganzes Leben neu. Wenn es hart auf hart gekommen wäre, hätte Stephan von den 1.000 Euro im Monat leben können. Das hat ihm eine enorme Ruhe gebracht. 

Weil er es selbst erlebt hat, glaubt Stephan, dass Menschen mit einem Grundeinkommen die besseren Entscheidungen treffen würden. Stress führe hingegen zu schlechten und auch falschen Entscheidungen. Die Entscheidung für ein Bedingungsloses Grundeinkommen für alle wäre für Stephan die richtige. 

Auf unserer Rückreise nach Hause denken wir noch viel über das nach, was uns die vier Gewinner*innen aus ihrem Leben erzählt haben. Sie alle sehen massive Ungleichheiten in unserer Gesellschaft, sie alle konnten mit ihrem Grundeinkommen einen gewissen Ausgleich erfahren. Sie alle wollen ein Bedingungsloses Grundeinkommen. Jetzt. Für alle.

Willst du unbedingt wissen, was wir als nächstes vorhaben? Du kannst es kaum noch erwarten? Wir platzen auch schon fast vor Aufregung.

Und du? Wie stellst du dir eine Welt vor, in der alle das Bedingungslose Grundeinkommen erleben dürfen? Teile deine Gedanken und Wünsche zum Thema Grundeinkommen mit uns in den Kommentaren!