Wie verändert das Grundeinkommen unseren Blick auf Arbeit? Für die zweite Folge unseres Podcasts Bedingungslos: Die Wahrheit über das Grundeinkommen haben wir uns auf die Suche nach einer Antwort gemacht. Wissenschaftlich fundiert beleuchten wir, was wirklich mit Arbeitszeit und Jobzufriedenheit passiert. Kleiner Spoiler: Wir haben uns alle geirrt.
Wie viele Stunden würden Menschen arbeiten, wenn sie ein Bedingungsloses Grundeinkommen bekämen? Wären es 40 Stunden oder sogar mehr, weil sie ihren Job lieben? Nur noch zehn, weil sie ihn hassen, aber ängstlich nichts Neues beginnen? Oder reichen 1.200 Euro, um gar nicht mehr zu arbeiten?
Samira aus Münster hat 1.200 Euro geschenkt bekommen. Sie gehört zu den 122 zufällig ausgewählten Menschen, die bei der größten deutschen Praxisstudie zum Bedingungslosen Grundeinkommen dessen Wirkung drei Jahre lang selbst erleben durften. Am Anfang dieser drei Jahre glaubt sie noch, ein Grundeinkommen führe dazu, dass die meisten Empfänger*innen nicht mehr arbeiten. Bei ihr selbst sei das natürlich anders. Deshalb hält sie nichts vom Bedingungslosen Grundeinkommen für alle.
Elisabeth dagegen – du kennst sie aus der ersten Podcast-Folge – hat immer Angst davor, zu wenig zu haben. Sie will ihre 1.200 Euro pro Monat nicht wieder verlieren. Sie braucht diesen Puffer, die Sicherheit. Denn Geld war stets ihr Angstthema. Bis zu dem Tag, an dem das Grundeinkommen in ihr Leben kam.
Was würdest du machen, wenn du keine Angst hättest? Auch davon erzählen Elisabeth, Samira und zwei weitere Teilnehmende der Studie in der zweiten Folge von Bedingungslos. Die Wahrheit über das Grundeinkommen:
Elisabeth hat nun plötzlich dieses bedingungslose Geld. Ihr Kontostand wächst jetzt jeden Monat ein bisschen mehr ins Plus. Sie kann durchatmen, arbeitet aber weiter in ihrem 40-Stunden-Stressjob. Und behält sogar ihren Zweitjob. Häh? Wie passt das zusammen?
Die Arbeitszeit und die große Frage: Arbeiten Menschen nur, weil sie es müssen? Alle 122 Teilnehmenden sollten sie beantworten. Und alle 1.478 Leute aus der Kontrollgruppe ohne Grundeinkommen. Und dann noch 1.000 weitere Menschen, zur statistischen Sicherheit. Ihre Antwort: Der Großteil ist sich sicher, dass die Menschen mit Grundeinkommen ihre Arbeitsstunden reduzieren. Auf 30 Stunden, oder sogar 25.
Nach einem Jahr haben die Forschenden dann die ersten statistisch sauber erfassten Ergebnisse vorliegen. Das Resultat: Bei den Menschen passiert in puncto Veränderung der Arbeitsstundenzahl erstmal: Gar nichts! Genauso wenig bei ihrer Arbeitszufriedenheit. Was bedeutet das? Ist es gut oder schlecht? Sinnvoll oder nicht?
Weniger arbeiten? Im Gegenteil! Samira macht sich mit ihrem Grundeinkommen selbstständig. Foto: Marc Nikoleit
Erst nach Monaten zeigt sich etwas, das sich durch Daten belegen lässt: Über die Zeit hinweg wechseln tatsächlich viele Empfänger*innen des Grundeinkommens den Job. Hin zu etwas, das besser zu ihnen passt. Zeit ist hier also ein echter Faktor. Zeit zum Nachdenken. Zeit zum Handeln.
Was macht diese Zeit mit Samira, der Skeptikerin? Sie sagt, es sollten nur jene Menschen ein Grundeinkommen bekommen, die bereits etwas leisten. So wie sie selbst. Die 29-Jährige ist zielstrebig, ehrgeizig. Sie will eine Schwimmschule gründen. Sie hat ihren Traum vor Augen. Samira gehört zu der Hälfte der 122 Teilnehmenden, die ein Grundeinkommen bekommen, obwohl sie ihm kritisch gegenüberstehen. Darauf hatten die Forschenden Wert gelegt, damit niemand der Studie vorwerfen kann, nur Fans des Grundeinkommens zu beforschen. Samira zum Beispiel hat ein echtes Problem mit der Bedingungslosigkeit. Leistung müsse sich eben lohnen, sagt sie.
Als sie ihr Grundeinkommen bekommt, ist das nach kurzer Zeit verplant. Sie gibt sich selbst einen Kredit, wagt den großen Schritt: Anfang Januar 2023 gibt sie ihre anderen Jobs auf und wird Unternehmerin. Mit ihrer eigenen Schwimmschule. Komplett selbstständig. Bereits nach einem Jahr expandiert sie, stellt Menschen an, bezahlt Freiberufler*innen. Sie arbeitet mehr, ist angefixt. Eine erfolgreiche Jungunternehmerin, die sich dennoch über ihr Grundeinkommen freut, weil es ihre versteckten Kosten deckt.
Da habe ich mich sehr geschämt. Nicht, weil ich mich verschätzt habe, sondern weil ich einfach genau dasselbe Vorurteil mitgenommen habe wie alle anderen auch.
Prof. Dr. Susann Fiedlerüber ihren Irrtum, dass Menschen mit Grundeinkommen weniger arbeiten
Die Frage aller Fragen ist beantwortet: Menschen hören nicht einfach auf zu arbeiten – auch nicht dann, wenn sie bedingungslos abgesichert werden. Die 122 Menschen aus dem Pilotprojekt arbeiten alle fast 40 Stunden pro Woche. Hier schämt sich Prof. Dr. Susann Fiedler als Forschende im Podcast fast ein bisschen, weil sie selbst dieses Vorurteil hatte, dass ein Grundeinkommen automatisch zu weniger Arbeitszeit führen müsse. Jetzt weiß sie es besser.
Menschen hören nicht auf zu arbeiten. Sie verändern nicht mal massiv ihre Arbeitszeit, über die ganzen drei Jahre hinweg. Die Teilnehmenden mit Grundeinkommen wechseln aber eher ihre Jobs, bilden sich eher weiter. Und sie sind zufriedener, aber nur solange, wie sie das Grundeinkommen bekommen. Danach geht auch ihre Zufriedenheit zurück auf Normalniveau.
Doch es passiert noch etwas. Menschen mit Grundeinkommen machen sich selbst zur Priorität. Machen Pläne und setzen diese auch um. Das Grundeinkommen macht sie freier. Und es schafft noch mehr – aber dazu kommen wir in der nächsten Podcast-Folge.
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Nach drei Jahren Forschung wissen wir endlich, wie das Grundeinkommen wirklich wirkt. Was das Pilotprojekt Grundeinkommen herausgefunden hat:
Was denkst du? Würdest du mit Grundeinkommen weniger arbeiten als jetzt? Oder findest du schon die Frage absurd? Schreib es uns unten in die Kommentare!
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