Weniger Stress, besserer Schlaf, mehr Zeit für dich und deine Freund*innen. Die Ergebnisse des Pilotprojekts belegen: Das Grundeinkommen wirkt wie eine Glücksexplosion. Was genau das bedeutet? Wir zeigen dir die Fakten – und die Geschichten dahinter.
Hast du schon einmal den Spruch gehört: "Geld allein macht nicht glücklich, aber es ist besser, in einem Taxi zu weinen, als in der Straßenbahn"? Mir begegnet er immer mal wieder – insbesondere als Zitat bei Instagram.
Aber was steckt hinter diesem Satz, der sich irgendwo zwischen Lebensweisheit und Luxusproblem einpendelt? Dass sich Liebeskummer besser ertragen lässt, wenn man nicht in der stickigen und überfüllten S-Bahn heulen muss, sondern gemütlich und unbeobachtet auf dem Rücksitz eines Autos auf das Foto des Ex starren kann?
Oder anders gesagt: Geld garantiert zwar kein Glück, macht aber die Lebensumstände angenehmer und besser, wenn es mal nicht so läuft? Geld heilt keine gebrochenen Herzen – aber es spendiert zumindest Taschentücher aus Seide? Ich finde, es wird Zeit, dieser Aussage auf den Grund zu gehen.
Glück und Geld: Wie hängen sie zusammen?
Zugegeben: Liebeskummer war nicht unser Ausgangspunkt, als wir vor fünf Jahren die erste deutsche Langzeitstudie zum Grundeinkommen starteten. Stattdessen wollten wir es einfach endlich wissen und all den Annahmen und Meinungen rund um das Grundeinkommen wissenschaftlich auf den Grund gehen. Um endlich eine faktenbasierte Debatte zu ermöglichen.
In unserem Pilotprojekt Grundeinkommen bekamen 122 Menschen in Deutschland drei Jahre lang monatlich 1.200 Euro – bedingungslos. Die Forscher*innen wollten herausfinden: Wie verändern regelmäßige bedingungslose Geldzahlungen unser Leben? Welche belastbaren Erkenntnisse über das Grundeinkommen lassen sich daraus ableiten? Und, ganz konkret: Wie wirkt sich das Grundeinkommen auf unser Wohlbefinden aus?
Die Psychologin Prof. Dr. Susann Fiedler von der Universität Wien will wissen, wie Menschen Entscheidungen treffen.
Besser als Schmetterlinge im Bauch
"Ein großes Learning aus diesen drei Jahren ist, dass wir einen starken Anstieg über die Zeit hinweg auf ganz vielen Komponenten sehen, die das Wohlbefinden ausmachen", erklärt Prof. Dr. Susann Fiedler. Sie ist Professorin für Wirtschaftspsychologie an der Wirtschaftsuniversität in Wien. Ihr Spezialgebiet: Wie Menschen Entscheidungen treffen.
Gemeinsam mit anderen Forscher*innen hat Susann Fiedler das Studiendesign erarbeitet, regelmäßig Fragebögen der Teilnehmer*innen ausgewertet – und das Grundeinkommen damit wissenschaftlich auf den Prüfstand gestellt.
Das bedeutet: Die Menschen, die über drei Jahre hinweg ein Grundeinkommen erhielten, sind zufriedener mit ihrem Leben als die Menschen in der Vergleichsgruppe, die eben kein Grundeinkommen bekamen. Woran das liegt?
Die Leute mit Grundeinkommen geben im Vergleich bestätigt an, dass sie einen höheren Lebenssinn empfinden. Und diese Form von Anstieg ist natürlich ein Faktor, der sich auf unsere Lebenszufriedenheit auswirkt. Wer Sinn hat, hat Motivation. Und wer Motivation hat, kann typischerweise viel mehr Dinge angehen, die er oder sie in seinem Leben gern hätte.
Prof. Dr. Susann Fiedlerüber den Zusammenhang von Grundeinkommen und Sinn im Leben
Ja, ich will, liebes Grundeinkommen!
Daraus kann man schlussfolgern: Finanzielle Sicherheit, und damit die Möglichkeit, selbstbestimmter über unser Leben zu entscheiden, macht uns glücklicher. Und ja, vielleicht heilt das Grundeinkommen sogar gebrochene Herzen. Denn ein Grundeinkommen zu erhalten löst in etwa so viele Glücksgefühle aus wie Heiraten: die gleiche Aufregung und Schmetterlinge im Bauch, wie wenn man frisch vermählt ist!
Wir müssen natürlich zugeben: Ja, es klingt erstmal nicht überraschend, dass mehr Geld glücklicher macht – wir erinnern uns an die Tränen und das Seidentaschentuch, die S-Bahn und das Taxi. Der feine Unterschied ist allerdings: Die Lebenszufriedenheit mit Grundeinkommen ist über die ganzen drei Jahre beständig höher als in der Vergleichsgruppe. Und das ist zum Beispiel ganz anders als bei Lottogewinner*innen.
"Ein Lottogewinn ist im Grunde so etwas wie ein Faustschlag ins Gesicht", beschreibt es Susann Fiedler. Das stimmt wohl, denn die bekommen auf einen Schlag viel mehr Geld. Man könnte denken: Das müsste doch ein Leben lang glücklich machen. Studien zeigen das Gegenteil: Häufig folgen Stress, Überforderung und Enttäuschung. Der Glücksschub ist groß – aber oft nur von kurzer Dauer.
Beim Grundeinkommen passiert das Gegenteil: Es kommt jeden Monat, regelmäßig. Es entfaltet seine Wirkung nicht als Knall, sondern als konstante Unterstützung. Es ist nicht (nur) das Mehr an Geld, das wirkt, sondern auch die Sicherheit.
Weniger Stress, besserer Schlaf: Wenn der Körper aufatmet
Wir halten fest: Geld allein macht nicht glücklich – aber es gibt Auftrieb und es entlastet. Und wer weniger belastet ist, schläft besser und hat weniger das Gefühl, von Sorgen getrieben zu sein. Der wahrgenommene Stresspegel sinkt. Das belegen die Daten des Pilotprojekts.
Für Sarah, eine der Teilnehmenden an der Studie, bedeutet das Grundeinkommen mehr Leichtigkeit. So hat sich das Durchatmen für sie angefühlt:
Auch Dominic aus Waldeck war Teilnehmer der Studie. Der Rettungssanitäter liebt seinen Job, trotz der 24-Stunden-Schichten. Weil er für den Arbeitsweg ein Auto brauchte, musste er Schulden aufnehmen, die ihn belasteten.
Dazu leidet Dominic an Depressionen. Das Grundeinkommen hilft gegen Geldsorgen, klar – aber hilft es auch gegen klinisches Unglücklichsein? "Die Welt ist nicht mehr ganz so grau wie vorher", sagt er. Für ihn bedeutete das Grundeinkommen vor allem eines: eine Rückkehr ins Leben.
Mehr Zeit für Nähe und Fürsorge
Wie verbringen wir unsere Zeit – und mit wem? Und wie oft erleben wir diese Zeit als wirklich erfüllend? Auch hier zeigt das Grundeinkommen Wirkung: Die Teilnehmenden berichten von mehr Zufriedenheit, sowohl mit ihrer Freizeit, als auch mit ihren Beziehungen.
"Dass man mit Freunden jetzt häufiger mal Currywurst essen geht oder jemanden ins Kino einlädt – das führt dazu, dass man ganz andere Qualitätszeit miteinander verbringt", erklärt Susann Fiedler.
Auch Teilnehmerin Bianca erlebte das Grundeinkommen als Freizeit-Boost: "Ich mache jetzt gezielter Sport, da habe ich nun viel mehr Zeit für. Ich kann planen, weil ich die Zeit neben meinem Studium viel besser einteilen kann. Das sind zwei Punkte, die sich auf jeden Fall positiv ausgewirkt haben, dank des Grundeinkommens."
Und auch Dominic, der zuvor mehrere Jobs gleichzeitig stemmen musste, machte eine ähnliche Erfahrung:
Der Unterschied, der bleibt
Was uns wirklich freut: Es geht den Menschen mit Grundeinkommen nachhaltig besser. Diejenigen, die drei Jahre lang das Grundeinkommen erhielten, sind auch ein halbes Jahr nach der letzten Auszahlung immer noch wesentlich zufriedener mit ihrem Leben als die Kontrollgruppe.
"Beim Grundeinkommen verändere ich mein Leben in kleinen Schritten. Es verändert das Leben im Leben, es ist kein Sprung in ein neues. Und diese Veränderungen tragen weiter, auch wenn das Grundeinkommen nicht mehr fließt", erklärt es Susann Fiedler.
Denn am Ende ist es nicht nur das Geld, das wirkt. Und genau darin zeigt sich die Power des Grundeinkommens. Es ist der Spielraum, den die Sicherheit dahinter eröffnet: für andere Entscheidungen, neue Routinen, mutige Schritte.
Alle Ergebnisse auf einen Klick
Nach drei Jahren Forschung wissen wir endlich, wie das Grundeinkommen wirklich wirkt. Was das Pilotprojekt Grundeinkommen herausgefunden hat:
Kein neues Leben – aber ein anderes Gefühl im alten
Am Ende steht neben der Forschung, den Fakten und den Geschichten eine Erkenntnis: Das Grundeinkommen ist kein Wunderelixier, aber es wirkt. Und zwar dort, wo die aktuelle Politik eben oft nicht unterstützt – im Alltag, in Beziehungen, in Gesundheitsfragen.
Vielleicht ist das Grundeinkommen allein kein Rezept für Glück. Aber es schafft die Grundlage, dass Menschen ihren eigenen Weg zum Glück finden können.
Was denkst du? Wie würde sich ein Grundeinkommen auf dich auswirken? Würde es auch bei dir Stress reduzieren –und dich besser schlafen lassen? Schreib es uns in die Kommentare!
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1. Folge unseres Podcasts: Wie das Grundeinkommen deine Karten neu mischt